Wieviel Heimat kann man haben? Warum gibt es hiervon keinen Plural? Ist es einfach manchmal mehr als… schwarz und weiß?

Man braucht schon ein bisschen Phantasie, um sich heute vorstellen zu können, als junger Mensch der frühen 70er Jahre den Schritt ins Ausland zu gehen, einmal auf die andere Seite des Globus

…ohne Handy, ohne Internet, ohne stets möglichen Kontakt nach Hause.
Flüge würden knapp das vierfache von dem kosten was sie heute kosten. Im Heimatdorf gäbe es ein einziges Telefon, auf die Verbindung kann man sich allerdings nie verlassen…
Man wüsste kaum etwas über das Leben in dem Land wo man hingeht, kann die Sprache noch nicht, wüsste nur…. „Wenn ich diesen Schritt gehe, wird es mir und meiner daheimgebliebenen Familie viel viel besser gehen.“
Man käme mit einer handvoll „Landsleutinnen“ her und wäre endlos froh, sich hier in der Fremde zu haben, gemeinsam zu kochen, gemeinsam seine Sprache zu sprechen, gemeinsam zu beten, die vertrauten Feste zu feiern, sich über die ganz neuen Erfahrungen auszutauschen, sich gegenseitig zu trösten, wenn das Heimweh mal zu groß wird, wenn der Brief, den man zwar immerhin per Luftpost weggeschickt hat und der dadurch nur zwei Wochen braucht, immernoch unbeantwortet ist. …Wenn man wüsste, dass man sich den ersten Flug zurück in die Heimat erst nach vier Jahren würde leisten können.

Aber auch für die Menschen in der „neuen Heimat“ wäre es eine neue Erfahrung.

Zwar wüsste man, dass diese doch etwas exotisch anmutenden Frauen hier sind, weil sie hier gebraucht werden. Es herrscht schließlich Pflegenotstand (hieran hat sich scheinbar über die Jahre überhaupt nichts verändert…), und die Bundesregierung hat ein Abkommen geschlossen, das es unter anderem philippinischen Krankenschwestern ermöglicht, nach Deutschland zu kommen. Aber…. man versteht sich zunächst gegenseitig so schlecht und weiß so wenig voneinander…
Immerhin sind diese fremden Frauen irgendwie recht putzig mit ihren eineinhalb Metern Körperlänge, und außerdem lachen sie viel und gerne.
Nach und nach würden die jungen Krankenschwestern dann von netten deutschen Männern weggeheiratet und steckten mitten in einer deutschen Familie und Nachbarschaft, selbst wenn ursprünglich vielleicht der Plan gewesen wäre, irgendwann wieder zurück zu kehren.

Der Punkt, wo man schon länger in Deutschland lebt als auf den Philippinen ist schon längst überschritten.

Trotzdem: „Heimat“ ist hier…. aber auch da… Man kann in einem fremden Land leben und „ankommen“, Gebräuche annehmen, die Sprache lernen- und trotzdem sich und seinen Wurzeln treu bleiben.
Immernoch sind die Treffen mit den Landsleuten wichtig, die Sprache, Gebräuche, Essen.
Man lebt hier, hat Freunde und Bekannte gefunden, hat Kinder und Enkelkinder. Das Klima in der alten Heimat bekommt einem schon nicht mehr ganz so gut, dafür friert man aber auch nicht mehr so heftig, wenn hier wieder Winter ist.
Beide „Welten“ gehören zu einem. Wer würde hier ernsthaft verlangen wollen, dass es entweder das eine oder das andere sein müsste? Schwarz oder weiß? Wie eintönig wäre es, wenn es so wäre?
Meine Mama hatte uns zum grillen eingeladen, weil sie mit uns feiern wollte: vor 50 Jahren war sie nach Deutschland gekommen, nach Bigge im Sauerland, in die Elisabeth Klinik, wo sie seitdem für knapp 40 Jahre als OP-Schwester gearbeitet hat.

Das aufeinander zugehen und Zusammenleben hat hier gut funktioniert und tut es immernoch.

Wenn man aus heutiger Perspektive schaut, ist dies gar nicht selbstverständlich….
Ich finde es schön und vor dem Hintergrund der heutigen Integrationsthematik doch auch besonders, dass Mama dieses Datum als einen Grund zum feiern betrachtet!
In diesem Sinne „Willkommen zuhause Schwester Marietta!“ und Danke an alle, die mit dafür gesorgt haben, dass die philippinischen Krankenschwestern hier ein neues Zuhause finden konnten.
.
.
.
hier  …könnt ihr lesen, was auf keinen Fall in einem Deutsch-Philippinischen Haushalt fehlen durfte.