Es riecht nach Gülle, als ich meine kleine Rumlatsche-Runde ums Tretbecken laufe. Super olfaktorisches Willkommen-zurück-Gimmick nach meinem kleinen Städteausflug.

Kein Wunder, dass Gülle riecht wie sie riecht. Wer nur ein einziges Mal gesehen hat,  mit welcher Ausdauer so eine Kuh am Stück pullern und scheißen kann…. und an ihrem anderen Ende gleichzeitig seelenruhig und genüsslich wiederkäut, kann sich vorstellen, was für mächtige Massen aus dem Gülleanhänger aufs Feld gesprüht werden.

Keine Ahnung, wie oft sich eine Kuh entleeren muss, um so einen Anhänger zu füllen…. zwei Mal?

Tut mir leid, mein kleiner Städtetrip hat mir offensichtlich nicht in jeder Hinsicht gutgetan.

Eventuell habe ich den Hang zu dieser Güllethematik geradewegs aus “der Stadt” mitgebracht.
Ein Abend mit zwei handvoll Anfang zwanzigjähriger männlicher Comedians hat Spuren hinterlassen. In dieser Altersgruppe beömmelt man sich inbrünstig über Pipikackawitze, sagt “Penis” und sämtliche Alternativbegriffe und spricht auf der Bühne über Sex. Auch diejenigen, bei denen mein mütterlicher Instinkt sagt “Er hat keine Ahnung, wovon er redet.”
Vielleicht haben sie im Gegenzug gedacht “Sie hat keine Ahnung, was sie da tut.”, als ich irgendwann mit meinem Auftritt dran war.
Die anderen haben aber einen beneidenswert guten Job am Mikrofon gemacht.
Na gut.
Nicht alle.
Die waren super für mein Ego. So konnte ich wenigstens mit der Gewissheit auftreten, nicht die lahmste Nuss an diesem Abend zu sein.

Die meisten der Jungs tragen eine Felix-Lobrecht-Gedenkfrisur, ihr erklärtes Comedy-Vorbild. Wenn man so alt ist wie ich, könnte man aber auch meinen, die New kids on the Block seien doppelt geklont wieder auferstanden. Das wissen die Jungs aber nicht. “Boygroup” heißt schließlich nicht “Boygroup”, weil Boys die gut finden.

Oben Dauerwelle und der Nacken kurz.

Es bleibt uns wirklich nichts erspart, auch der Teil der 90er, den wir so erfolgreich und zu Recht verdrängt hatten. Warum stellen sich nicht alle Friseure geschlossen hin und verweigern die Männerdauerwelle? Oder leisten wenigstens Aufklärungsarbeit?
“Liebe junge Männer, bevor ihr darauf besteht, eine Dauerwelle anlegen zu lassen, bedenkt bitte, dass es keinen einzigen Mann gibt, der heute auf seine dauergewellten Jugendfotos aus den 80er und 90er Jahren stolz ist. Nein, auch nicht auf die Fotos mit Schnäuzer. Und nein, auch nicht diejenigen, die inzwischen Glatze tragen. Mit freundlichen Grüßen, Ihre Beautyexperten der Friseurinnung. Gern geschehen!”
Und die ungelockten Jungs werden in 20 Jahren sehr froh sein, dass es keine Fotos von ihnen mit Dauerwelle gibt.
Was macht jetzt eigentlich ein Atze Schröder, der plötzlich nicht mehr wie der letzte Ruhrpottproll, sondern wie ein 1-A-Hipster aussieht?

Es ist ok, dass die Jungs mich als mittelalte Frau recht konsequent ignorieren. Wer will abends schon mit Frauen abhängen, die ihre Mutter sein könnten und vermutlich nicht über jeden ihrer Peniswitze lachen?
Mit einem komme ich doch irgendwann ins Gespräch. “Guck, da hätteste den ….. jungen Leuten ja beinahe Unrecht getan. Die haben ja gar nichts gegen …..alte Leute.” denke ich entspannt, und die Welt fühlt sich direkt schon wieder ein bisschen geschmeidiger an.

Oh, ach so…. er ist blind!?
Mein jugendlicher Gesprächspartner ist blind.
Ich steige schnell aus dem leicht erniedrigenden Gedankenkarussell aus und rede mir ein, dass ich immerhin eine sehr jugendliche Stimme haben muss…

Ich bin heute abend als zweitletzte dran. Wahrscheinlich dachten sie: “Die ist so alt, bei der macht die lange Wartezeit den Kohl auch nicht mehr fett!” Ich hingegen dachte: “Müssen die Jungs denn nicht längst ins Bett?”
Beim nächsten Mal bleibe ich in der Nähe, wenn die Reihenfolge festgelegt wird. Ich werde es dann mal mit dem Alterstrumpf probieren. Irgendwas mit… “Kann den Text  in meinem Alter nicht so lange behalten”. Wäre auch fast nicht gelogen.
“Alter vor Schönheit” fände ich angesichts der Dauerwellen schwieriger.