Ja, ich bin furchtbar voreingenommen und verdorben.
Zeigt mir eine noch so wertvolle Lebensweisheit mit Sonnenuntergang oder Meeresrauschen im Hintergrund, und schon stellt sich ein spontaner Würgereflex ein. Nachdem ich einmal meine Laptoptastatur vollgekotzt hatte, habe ich mich mittlerweile aber super im Griff und zucke an der Stelle nur noch mit meiner linken Augenbraue.

Na gut…. ich habe sie nicht wirklich vollgekotzt.
“Sich übergeben” ist eine der Tätigkeiten, die ich nur ausführe, wenn es wirklich nicht anders geht.
Leider sehen die zwei jüngsten Hausbewohner das etwas anders und sind sich nicht zu schade, auch mal ins Bett oder zwei Meter vor der Badezimmertür auf den Boden zu kotzen. Nachdem wir jahrelang auf die Absorptionskraft von Katzenstreu gesetzt hatten, um das Elend ohne solidarisches dazu-Erbrechen zu beheben, ist meine Lieblingsaktion mittlerweile, erstmal großzügig Waschpulver über den Tatort zu streuen.
Katzenstreu in Kombination mit Bettwäsche war am Ende doch nur so halb gut. Außerdem klackerten die Streureste so in der Waschmaschine… Was super aufsaugt, klebt auch sehr ambitioniert an Textilien fest, wenn man den ganzen Klumpatsch von der Wäsche schütteln will. Haha…. schütteln…. Am Ende hängt man doch über der schwarzen Tonne und kratzt die Katzenstreukotze vom Kissenbezug und hofft, dass die Einmalhandschuhe auch wirklich stabil genug sind für diese Aktion.
Waschpulver ist da einfach unkomplizierter.
Übrigens würde ich trotzdem davon abraten, es anstelle von Katzenstreu ins Katzenklo zu füllen.

Wow…. was für ein erquickliches Thema.

Es gehört also einiges dazu, bis ich freiwillig in Erwägung ziehen würde, mich spontan zu übergeben, aber wenn es einen Grund jenseits von Magen-Darmerkrankungen geben müsste, um in eine Laptoptastatur zu kotzen, wäre einer “Lebensweisheit vor Sonnenuntergang”.
Woher ich weiß, dass es ein Untergang ist? Keine Ahnung, aber ganz ehrlich…. abends mal eben noch einen Sonnenuntergang zu knipsen ist deutlich weniger aufwändig als früh morgens im Dunkeln aufzustehen und im Halbschlaf auf die ersten Sonnenstrahlen zu warten. Und wenn ich sehe, mit wie wenig Aufwand manche Sprüche in die Tastatur gehackt wurden, kann ich mir kaum vorstellen, dass beim Foto mehr Detailbesessenheit im Spiel war.
Vielleicht war es sogar ein beliebiges Strandfoto, und man hat flott den Sonnenaufgangsfilter drüber gehauen… und dann noch zusätzlich den für den Sonnenuntergang.

Wobei… vielleicht war es doch der Sonnenaufgang, und anschließend war man so müde, dass es einfach nicht mehr für Satzzeichen oder Groß- und Kleinschreibung reichte.

So! Da ist er, der Knackpunkt!

Wenn mir schon jemand erklären möchte, wie dieses Leben so funktioniert, dann soll diese Person elementare Grammatikregeln zumindest besser beherrschen als ein Grundschulkind im dritten Schuljahr, ja, sogar besser als im vierten Schuljahr!

“Du, bist der Wichtigste Mensch, in deinem leben.
Wenn Es dir gutgeht bist du, voller Energie,
auch, für deine Mit-Menschen!”

“Wichtigste” groß,  weil “wichtig” ja sehr wichtig ist. Das kann man doch nicht klein schreiben.
“leben” klein, das tut man schließlich, Tun-Wörter immer klein.
“Es” wieder groß, denn “es” ist immer wichtig.
Glückstreffer bei “gutgehen”, das darf man schreiben wie man will.
“Mit” groß, weil es ja zu “Menschen” (immerhin auch groß) gehört.
Kommata so wie man spricht, auch wenn man dann irgendwie komisch spricht, außerdem: “viel hilft viel!”.

Und da haben wir noch nicht über den Inhalt gesprochen.

Schlimmer ist es nur, wenn jemand die “Video erstellen”-Funktion entdeckt hat und der Spruch als animierter Text vor einer ganzen Galerie von ein- und ausgeblendeten Sonnenuntergängen UND -aufgängen durch das Bild rollt.
Dazu dudelt gemafreie Pianomusik oder Cohens Halleluja.
Zum Glück singt keiner.

Meine linke Augenbraue zuckt.

Drei Bildchen weiter derselbe Schreibstil.
Statt Sonnenuntergang  eine alte Frau in einem Pflegebett. Statt Lebensweisheit eine rhetorische Frage (irgendwas  mit Pflegekräften, Bezahlung und Ausländern), die vor Hetze und Populismus trieft.
Die Anzahl der Kommata stimmt, die Kunst war, sie alle an die falsche Stelle zu setzen. “Pflegekraft” kommt von “pflegen”, also klein.
Inhalt UND Form schütteln mich durch.

Was geht besser zwischen den Laptoptasten weg?
Katzenstreu oder Persil?