Wie gut, dass sich so viele Menschen darüber empören, dass der Song des Sommers nicht mehr gespielt werden soll.
Wirklich! Wo kämen wir hin ohne diesen Song?
Ich denke, alle Musiker der vergangenen 100 Jahre schämen sich in Grund und Boden, dass sie es über die Jahrzehnte nicht geschafft haben, wenigstens einen einzigen Song zu produzieren, der Menschen dazu bringen kann, auf einer Party Spaß zu haben und auf der Tanzfläche zu eskalieren.

Sämtliche bisherige Songs sind komplett ungeeignet, Menschen in Feierlaune zu versetzen.

Die Musiker der Volksfeste nutzen diese überflüssigen Stücke inzwischen nur noch als Übungsstücke, um ihre Musikerskills zu trainieren, um sich warm zu spielen, um sich auf das Highlight des Abends vorzubereiten.
Jedes Fest ist dazu verdammt, trostlos vor sich hin zu dümpeln, bis endlich dieser eine Supersong erklingt. Statt auf der Tanzfläche eskalieren zu dürfen, ist das Partyvolk dazu gezwungen, erst stundenlang an der Theke zu stehen und sich meterweise Bier, Schnaps und andere Getränke zweifelhafter Herkunft einzufüllen.

Die Musiker können ungestört ihre Übungsstücke spielen. Jede Bewegung vor der Bühne könnte sie aus ihrer Konzentration reißen. Sämtliche Vorbereitung und Mühe wäre umsonst gewesen, die Vorbereitungszeit müsste verlängert werden, die Partygemeinschaft müsste sich noch länger gedulden, bis sie endlich ihrem inneren Drang nachgeben könnte, die Tanzfläche zu stürmen und loszutanzen.

Besonders respektvoll ist das feierwütige Publikum unter anderem beim Musiksommer im Nachbarort.

Es dürfte ein Fest für jeden Musiker sein, dort aufzutreten und endlich ausgiebig verschiedene Musikstücke spielen zu können, ohne dass sie durch hüpfende und möglicherweise auch noch mitsingende Zuschauer abgelenkt werden. Insbesondere, wenn es vor der Bühne noch hell ist, würde das die Band massiv stören.
Ich konnte beobachten, dass es mit Einsetzen der Dunkelheit doch ein paar undisziplinierte Gestalten gewagt hatten, sich auf der Tanzfläche zu bewegen. Die Musiker machten gute Miene zum bösen Spiel und gaben vor, dass sie noch mehr Zuschauer motivieren wollen, vor der Bühne zu tanzen. Das Publikum erkannte aber die Ironie  dieser Aufforderung und zog sich direkt wieder von der Tanzfläche zurück.

Zum Glück können sich die Künstler relativ sicher sein, dass sie beim Durchspielen ihrer Übungsstücke nicht gestört werden, denn die Partypeople wissen, dass sie nur bei einem einzigen Song die Erlaubnis haben, auf der Tanzfläche von null auf hundert zu eskalieren.

Nun wollen einige Veranstalter, dass dieser Song nicht mehr gespielt wird.

Dieser eine einzige Song unter Millionen Songs, der es vermag, den Knopf von totaler Langeweile auf Partymodus um zu werfen.
Sämtliche Tanzflächen werden ungenutzt bleiben. Musiker werden unzufrieden die Bühnen verlassen, weil sie am Ende ihrer Übungen doch nicht mehr zeigen dürfen, was sie wirklich drauf haben:
Diesen einen Song, den Song der Songs.
Diesen einzigen Song, der Menschen mitreißen kann, während alle anderen nur heiße Luft sind, Schall und Rauch. Überflüssig, Nebengeräusche des Lebens, Abfallprodukte kranker Musikerhirne, völlig zu Unrecht auf Tonträger gepresst und im Internet abzurufen.
Nein, es kann nur diesen einen Song geben, Lebenselixier der Menschheit. Ihn aufzugeben heißt verlieren…. Alles! Ein Fest ohne diesen Song ist wie ein Leben ohne Beine, ach was sage ich…. ein Leben ohne Herzschlag.

So, und jetzt regt Euch endlich ab, dass es diesem Scheißlied an den Kragen gehen soll. Denn musikalisch betrachtet ist es völlig wurscht, zu welchem x-beliebigen Kackballermannsong ihr besoffen mitgröhlt. Entscheidend ist bei so einem Stück weder der Beat (immer gleich), noch der Text (reimt sich, idealerweise Wörter, die auch mit sehr schwerer Zunge noch irgendwie artikuliert werden können), sondern einzig und allein, wieviel ihr euch vorher eingetankt habt. Echt jetzt!

Es ist wirklich nicht so, als wollte man uns Bohemian Rhapsody wegnehmen.