“Fällt es dir auch schwer zu bloggen?”  ploppt es mir in letzter Zeit bei jedem Öffnen meines Facebook Accounts entgegen.
Die Frage klingt so, als sei es das normalste und natürlichste der Welt zu bloggen. Etwas, das einem normalerweise zumindest nicht schwer fallen und das man unbedingt tun sollte. Und wenn es mir doch aus unerklärlichen Gründen schwer fallen würde, bietet mir die kompetente Dame, die das wissen möchte, schnelle und unkomplizierte Hilfe an. Das finde ich sehr nett.
Im echten Leben kenne ich mehr Menschen, die nicht bloggen als Menschen, die bloggen. Denen geht es gut, obwohl sie vielleicht die Frage eindeutig mit “Ja!” beantworten würden.

“Fällt es dir auch schwer, regelmäßig deinen Darm zu entleeren?” könnte ich eher nachvollziehen. Das fände ich eine Frage, die meines Erachtens ein wirklich drängendes Problem darstellt. Sicherlich würde man dankbar den magischen Klick machen, um bei der Person zu landen, die einen von diesem Leiden befreien kann.
Bei “Fällt es dir auch schwer zu bloggen?” fehlt mir dagegen eventuell ein klitzekleines bisschen die Notwendigkeit. Das sieht bei der Darmentleerung schon ganz anders aus, wirklich! Ich führe das jetzt nicht weiter aus… Kopfkino…. es sind keine schönen Bilder, gern geschehen!… und gut riechen tut es auch nicht.
Vielleicht liegt das mit dem Darm und mit dem Blog manchmal gar nicht so weit auseinander. Die Scheiße muss raus! Und wenn es schwer fällt, braucht man Hilfe. Während ich das so schreibe, ergibt es für mich direkt schon wieder Sinn, obwohl ich doch so skeptisch mit diesem Text begonnen hatte.

Bei Facebook tummle ich mich gerade in einer Gruppe, da bloggen ALLE. In so einem Kontext verschiebt sich natürlich die Wahrnehmung. Alles dreht sich um dieses Thema. Seinen Kram ins Internet tippen und veröffentlichen ist dort das normalste der Welt, und es ist voll, das Internet! Rappelvoll von Blogs wie diesem hier, in denen zumeist Frauen ihre persönlichen Erfahrungen posten und sich ein Loch ins Knie freuen, wenn die eine oder andere Person den Kram liest und sogar ihrerseits Freude daran hat. Naja, das denke ich zumindest, denn so geht es mir auf jeden Fall dabei.

Sicherlich gibt es auch einen Markt für “Die Kraft der Edelsteine bei meinen täglichen Seelenwanderungen im Schatten des zunehmenden Dreiviertelmondes” sowie für diverse Coaching Angebote.
Sehr viele Frauen ab vierzig haben “die Achtsamkeit” für sich entdeckt. Sie möchten mich und alle anderen nun auch gerne darin unterstützen, endlich achtsam zu sein. Bei einigen kann man direkt in einem Abwasch auch seine Aura reinigen und die Füße pediküren lassen und währenddessen Kontakt mit seinen Vorfahren aufnehmen oder mit seinem inneren Selbst. Kommt drauf an, welches Wochenend-Seminar die entsprechende Person erfolgreich mit Zertifikat absolviert hat.

Ich denke an mein inneres Selbst und merke, dass ich die rohen Zwiebeln aus der Salattasche vielleicht besser weggelassen hätte… oder den Rotkohl, man weiß es nicht ganz genau. Und ich bin ein bisschen stolz auf mich, denn wenn das gerade nicht sehr achtsam war, weiß ich es ehrlich gesagt auch nicht. Und wenn es demnächst wieder mal eine Salattasche gibt, werde ich meine Achtsamkeit nicht nur darauf richten, möglichst wenig von der leckeren Soße über mich zu kleckern, sondern im Vorfeld sehr sorgfältig und achtsam die Hälfte der Zwiebelringe aussortiern. Ich denke, es waren die Zwiebelringe, denn wenn ich sehr achtsam in mich hineinfühle, kann ich sie trotz Pfefferminzbonbon weiterhin geschmacklich in meinem Mund erahnen.

Was ich in dieser Bloggerinnengruppe wirklich stark finde, moment…. ich muss das nochmal schreiben…. “Bloggerinnengruppe”!!! Ich glaube, ich kenne kein anderes Wort, das so viele Doppelkonsonanten hat wie dieses. Bloggerinnengruppenblogtipp-Tipps vielleicht….. aber ich schweife wohl ab. Was ich also in dieser Gruppe bemerkenswert finde, ist die Begeisterung, die tatsächlich aus jedem Kommentar herausstrahlt. “Wooohooo!!! Diese Bloggerinnengruppenblogtipp-Tipps sind die besten, die ich jemals bekommen habe. Ich werde nichts anderes mehr tun als zu bloggen!….. aber es fällt mir schwer… Egal! Ich kann ja die Dame konsultieren, die eben noch gefragt hat, ob es mir schwer fällt!”

Ich wäre auch so gerne so begeistert. Inhaltlich hat hier alles Hand und Fuß, auch ich habe einige Infos aus der Gruppe mitgenommen und habe mich aufrichtig dafür bedankt. Bei so viel geballter Begeisterung setzt allerdings bei mir mit voller Wucht der bremsende Stinkstiefelmodus ein. Da kann da noch so oft stehen: “Wir sind so eine tolle Community!”…. njoaaahhh…. vielleicht…

…. Vielleicht mag ich auch einfach den Begriff “Community” nicht. Ist man wirklich eine Gemeinschaft,  nur weil man bei Facebook in der selben Gruppe steckt? Ich denke daran, dass sich viele Menschen in dieser Corona Zeit gerade sehr einsam fühlen und antworte “Ja, so eine virtuelle Gruppe ist vielleicht besser als gar kein Kontakt.”
Ich denke außerdem an die Tuppertante, die zu Beginn des Abends jedem Besucher, ach lasst uns ehrlich sein: jeder Besucherin, eine Plastikschüssel schenkt. Und das direkt einsetzende Gefühl, dass man am Ende wohl doch irgendwas bestellen werden müsse.
Und wenn es mit der Frage beginnen würde “Fällt es ihnen auch schwer, jeden Tag ihre Essensreste im Kühlschrank zu verstauen?”