Auch für diese Geschichte habe ich Wörter gesammelt.. Für das Neujahrskonzert des Olsberger Chores “Tonart” gab es ofenfrische Landmausflausen mit ihren Wunschwörtern:.

Brötchen mit Vogelfutter, Zimtstern, Sollbruchstelle, Christnacht, Zeitenwende, Regenschirm, Ambivalent, Klingelbeutel, Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz, Neujahrsempfang, Feuerwerk, Rumpelstilzchen

Der kleine Jesus lag friedlich in seiner Krippe und schlief.
Endlich!
Nachdem Josef ihn wieder stundenlang durch den Stall und halb Bethlehem getragen hatte.
Maria hatte ihren Sohn vorher gestillt und war froh, dass sie sich einfach mal ein Ründchen hinlegen konnte. Aus ihrem Reiseproviant war noch ein trockenes Dinkelvollkornbrötchen mit Sonnenblumenkernen übrig.
Sehr trocken, wie Maria festellte.

„Nee das kannste selber essen, Maria. So ein Brötchen mit Vogelfutter ist mir viel zu gesund.“ hatte Josef gesagt. Und sich ersatzweise den ganzen Beutel mit den Zimtsternen reingeschraubt.
„Danke Josef, da hätte ich wohl auch ganz gerne einen von gegessen“ dachte Maria leicht maulig.
Es nervte sie zu sehen, wie er einen Zimtstern nach dem anderen am Stück in sich rein schob.
Sie sagte nichts, aber offensichtlich hatte sie ihre Gesichtszüge nicht unter Kontrolle gehabt, als sie zum Vater ihres Sohnes herüber schaute. Hatte sie doch mit den Augen gerollt?

„Die zerbröseln mir sonst doch, siehste hier, da ist ja quasi ne richtige Sollbruchstelle rein gebacken!“ murmelte Josef entschuldigend. „Und dann krümele ich den ganzen Stall voll. Und wer weiß, wie der Ochse hier auf Zimt reagiert… und der Esel“
Ja, danke, sehr rücksichtsvoll.

Tiptop Christnacht war das hier.

Das hatte ihr der Engel irgendwie glamouröser versprochen. Doktor Engel, ihr Gynäkologe.
Von einer „Zeitenwende“ hatte er gesprochen. Es klang nach etwas großem. Und es klang nach Übertreibung.
Jetzt wo ihr Sohn auf der Welt war, hatte sie allerdings das Gefühl, dass dieser Begriff der Veränderung nicht annähernd gerecht wird, die so ein schrumpeliges kleines Wesen in das Leben seiner Eltern bringt.
Anders als erwartet, aber die Veränderung war riesig. Zeitenwende.
Hatte der Engel also doch irgendwie Recht gehabt.

Hinten in der Ecke des Stalles hatte Josef den Regenschirm zum abtropfen aufgespannt.
Ochse und Esel hatten beide irritiert geschaut und irgendwann begonnen, am Schirm zu knabbern.
Jetzt waren Löcher darin, und die Tiere guckten neuerdings etwas angestrengt. Genau so wie gestern, nachdem der Esel ein kleines Säckchen mit Geldmünzen aufgefressen hatte.

Drei Männer waren vorbeigekommen und hatten ihnen neben diesem originell verpackten Geldgeschenk eine Duftkerze überreicht, Weihrauch und Myrrhe. Für die junge Familie…. Warum nicht? Windeltorte kann ja jeder.
Auf jeden Fall war dieser Klingelbeutel schneller im Maul des Esels verschwunden als alle gucken konnten. Ein bisschen so wie die Zimtsterne im Mund von Josef, dachte Maria kurz.
Unangenehme Situation, und die drei Männer verabschiedeten sich zum Glück recht schnell. Irgendwas mit…. Dem Stern folgen.

Vielleicht hatte der Esel Schwierigkeiten, Nylon zu verdauen. Oder er war gerade kurz davor, Münzen zu kacken.

Marias Vorfreude auf die Ausscheidungen des Esels blieb ambivalent. Da konnte auch die Aussicht auf das Geldgeschenk nichts dran ändern.

Ausgerechnet für heute hatten sich drei Typen vom Veterinäramt angekündigt.

„König hier, meine Kollegen und ich würden gerne einmal bei Ihnen im Stall vorbei schauen. Uns sind da leider einige Ungereimtheiten bezüglich des Stalls zu Ohren gekommen.  Es geht insbesondere um einen Verstoß gegen das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Wir holen uns schnell noch ein paar Häppchen vom Neujahrsempfang und machen uns dann auf den Weg.“

Haha…. Ja sehr lustig. Weder Maria noch Josef hatten Ahnung von den Tieren hier im Stall, und erst Recht nicht vom Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz, aber sie hatten sich auf den Deal eingelassen, dass sie die Viecher beaufsichtigen, während ihre Besitzer im Skiurlaub sind. Dafür durften sie vorübergehend kostenlos hier wohnen. Und jetzt sorgten Herr König und Co für ein Feuerwerk der guten Laune.

„Josef, da kommen später drei Männer vom Veterinäramt, irgendwas wegen des Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetzes.“
„Wegen des Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetzes?“
Josef hatte kurz gedöst. „Schlaf, wenn das Baby schläft!“ hieß es ja.
Jetzt sprang er durch den Stall wie Rumpelstilzchen, nachdem die Königin seinen Namen ausgesprochen hatte.
„Mit dem Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz wollen wir nichts zu tun haben! Wir müssen ja nicht gleich nach Ägypten auswandern, aber hier will ich auf keinen Fall bleiben, wenn das Veterinäramt auf der Matte steht!“
Und so kam es, dass weder die drei Beamten noch sonst jemand die kleine Familie im Stall antrafen.

Unter den Beamten des Veterinäramtes sprach man aber noch viele Jahre vom Wunder im Stall, als der Esel plötzlich anfing, Geld zu scheißen.