Als Kind war mir nie klar, was der Unterschied zwischen Schnitzel und Kotelett war. Entscheidend fand ich die magische Zubereitungsweise. Dieses Ritual aus Fleisch klopfen, mit Salz und Pfeffer einreiben, durch den tiefen Teller mit verquirltem Ei ziehen und anschließend in Paniermehl wälzen. Und dann blubberte es in der Pfanne, wenn die vorbereiteten Fleischlappen in Margarine knusprig gebacken wurden. Ich glaube, es war Margarine, in meiner Erinnerung wurde nicht in Öl, sondern in Margarine gebraten.

Genauso magisch fand ich es, wenn aus der Dose Möhren und Erbsen von Bonduelle dieses herrliche sämige Gemüse wurde, das sich so wunderbar mit Kartoffeln zermatschen ließ. Der Nährwert bestand hierbei wahrscheinlich vor allem aus nackter purer Energie, befreit von Vitaminen und Ballaststoffen. Auch hier war Margarine im Spiel und Mehl, und es gab nie Klümpchen.

Damals gab es entweder Rama oder Boterram, Palmolive oder Pril, Tempo oder Zewa Softis, Milka oder Ritter Sport, und wenn man sich einmal für das eine Produkt entschieden hatte, blieb man auch dabei. Und es gab Fondor. Ich glaube, dieses heute doch recht verpönte Würzmittel war am Ende doch das, was die Salatsoße so schmecken ließ wie sie schmeckte, vielleicht war es aber auch die saure Sahne.
Ich wüsste nicht, dass damals eine Salatsoße für grünen Salat mit Joghurt, möglicherweise noch mit fettarmem angerührt wurde. Hierfür brauchte man auf jeden Fall saure Sahne. Benutzt man noch saure Sahne? Ist eigentlich Sour Cream dasselbe wie saure Sahne? Und wenn nicht, warum heißt es dann so?…
Joghurt gab es als vierer-Packung mit den Bechern, die man mit einem lauten Knack auseinander brechen musste, und es gab nur Erdbeere, Kirsche, Aprikose, Zitrone und Blaubeere, aus mehr musste man sich nicht entscheiden.

Richtig toll wurde es, wenn der weiße Milchtopf ins Spiel kam, denn dann gab es auf jeden Fall Pudding, Vanillepudding von Doktor Oetker. Ich glaube nicht, dass es überhaupt irgendeinen anderen Vanillepuddingpulverhersteller gab. Und natürlich kam ein Eigelb mit rein. Es gab diese eine Tasse, in der immer das Puddingpulver mit dem Zucker, 10 Löffeln Milch und Eigelb verquirlt wurde. Und dann der Augenblick, wenn dieses Gemisch in die heiße Milch eintauchte und sich die Milch irgendwann unter kräftigem Rühren mit dem Schneebesen in Pudding verwandelte…. Fertig gekochten Vanillepudding konnte man regelrecht hören, je dumpfer das Geräusch wurde, desto näher rückte der Puddinggenuss.

Das Eiweiß wurde in einem tiefen Teller mit einer Gabel zu Eischnee geschlagen, freihändig sozusagen, die eine Hand hielt den Teller leicht vom Oberkörper weg geneigt , die andere schlug mit regelmäßigem Klappern durch den Teller. Ich wollte das auch unbedingt auprobieren, hatte aber das Eiweiß schneller aus der Tiefe des Tellers auf den Küchenboden befördert als ich mit der Gabel zuschlagen konnte. Heute frage ich mich, warum nicht wenigstens ein Schneebesen (dessen durchaus logische Namansgebung sich mir erst sehr viel später erschloss) benutzt wurde. Obwohl… nee! Der hatte ja vorhin die Milch zu Pudding gerührt und wurde gerade von einer gierigen Naschschnute abgeleckt.
Der Eischnee wurde durch den Pudding gehoben und bildete kleine Wölkchen auf der cremigen Masse. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass die Wölkchen da eigentlich gar nicht hingehören, und ich hatte auch nie verstanden, warum das doch eher geschmacksneutrale aufgeschlagene Zeug in den Pudding gehörte, aber Oma machte es eben so, und was Oma in der Küche machte, war auf jeden Fall richtig.

Heute bin ich dankbar für diese Momente in Omas Küche, denn ganz manchmal schwadern genau diese Duftwolken auf offener Straße genau in meine Nase, und ich weiß genau, dass es Kotelett und kein Schnitzel ist, und für einen klitzekleinen wohligen Augenblick ist alles einfach nur gut.