25 Jahre allgemeine Hochschulreife…. die einen freuen sich schon seit dem letzten Abitreffen vor fünf Jahren aufs Wiedersehen, andere finden es einfach nur überflüssig.
Vielleicht war es auch die lange Zeit des „sozialen Distanzierens“, die es uns so attraktiv erscheinen lässt, endlich Menschen zu treffen, die man schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte.
In der Regel erscheinen diejenigen, die Bock auf so einen Anlass haben.
Das ist schonmal eine gute Voraussetzung für eine maximal gesellige Veranstaltung. Im Grunde kann ab dieser Stelle nichts schiefgehen, und alles was organisiert werden muss, ist die Feierlocation und die ersten Getränke.
Wenn man „kein Bier vor vier“ berücksichtigen möchte, ist man ab 16.00 Uhr auf der sicheren Seite und kann um eins nach vier unbeschwert die ersten Kisten Bier in die Runde stellen. Einfach nur Bier. Kein alkoholfreies Bier, kein Radler, kein Sekt. Wer sich mit den Menschen trifft, die dabei waren, als man mit eitriger Akne Criss tropischen Fruchtschaumwein und Eckes Edelkirsch Cream getrunken hat, kann beim Abitreffen Jahrzehnte später auf Chichi verzichten.
Jeder Schritt in Richtung Schulgelände lässt mich fast schon pro Schrittlänge um ein Jahr jünger werden.
Da kann in den vergangenen Jahren noch so viel freundlich wirkende Farbe auf den ursprünglich betongrauen Quaderkomplex geklatscht worden sein. Seine Ausstrahlung lässt uns auch mit zeitlichem Abstand wieder fühlen wie damals als Schüler oder zumindest so als hätte man gerade erst diese Anstalt hier verlassen. Nur innerlich, leider. Der zufällige Blick in die große Scheibe neben dem Eingang zeigt dann eben doch diese kompakte 40+ Person mit dem Blüschen, das so fein die dazugewonnenen Problemzonen der letzten 25 Jahre umhüllt.
Wie machen das die anderen, dass sie noch aussehen wie immer? Puh, na immerhin, ein graues Haar… und da, ein klitzekleines freundliches Lachfältchen. Naja…. und ganz ganz vielleicht war im Einzelfall schon ein Profi dran und hat die eine oder andere Plusterspritze gekonnt ins Gesicht versenkt.
Jetzt zeigt sich aber auch der Vorteil derer, von denen man damals fand, dass sie vielleicht eher … reif aussahen und schon eine Handtasche quer trugen, als man selber noch seine paar Habseligkeiten, die man für die nächste Fete brauchte, ohne Probleme in der Hosentasche unterbringen konnte. Zehn Mark und der Haustürschlüssel. Manchmal noch nicht mal der, weil man wusste, dass man eh abgeholt wurde. Gefühlt immer viel zu früh, aber immerhin…
Diejenigen konnten ganz entspannt in ihr optisches Alter rein wachsen und haben jetzt gut lachen. Vorallem, wenn ihr optisches Alter schon immer „um die Mitte dreißig“ war und das auch jetzt, zehn Jahre älter noch so ist. Das nenne ich auf jeden Fall vorausschauend und zukunftsorientiert! Reif eben. Auch wenn sich das erst heute zum Abitreffen herausstellt.
Die Jungs von damals sind zu veritablen Männern…gewachsen.
Das ist ganz vorteilhaft, denn während wir Frauen im Allgemeinen sehr gerne die Kleidergröße des Abiballoutfits tragen würden, wäre es bei Männern vielleicht doof, wenn sie jetzt immernoch aussähen, als wollten sie gerade zu ihrem eigenen Tanzkursabschlussball gehen wollen.
Graue Haare hier, Falten dort und verflixt und zugenäht! Irgendwie altern die am Ende doch im Durchschnitt recht lässig und nicht unbedingt zu ihrem Nachteil. Ja, Abi 96 Jungs, das war jetzt eine Lobhudelei auf euch, genießt es einfach!
Das schönste ist aber eigentlich… Leute von früher treffen und Bier dazu trinken.
Mehr braucht es fast gar nicht, um einfach für einen Tag in eine kleine sorgenfreie Vergangenheitsblase abzutauchen und sich einfach mal um nichts kümmern zu müssen. Und auch,wenn hier und da im Laufe des Abends das Pils durch Aperol Spritz und Weinschorle ersetzt wird, fühlt sich die Veranstaltung so wunderbar unkompliziert an.
Die „und was machst du so?“-Gespräche des 10-jährigen Treffens haben ihren meinHaus- meineYacht- meineFamilie- Schrecken verloren. Irgendwas wird wohl jeder machen, Familie ist da oder nicht, und mit einer Yacht kann man im Sauerland eh nichts anfangen.
Wir sind gerade in einem Alter, wo man weiß, dass man niemandem beweisen muss, was für eine außergewöhnlich tolle Person mit wahnsinns Ambitionen und supercoolem Lebensmodell man ist. Stattdessen zustimmendes Nicken, wenn jemand von seiner letzten Serienentdeckung auf Netflix erzählt.
Das uncool-cool Gefälle hat sich über die Jahre eh ziemlich abgeschliffen, der schnöde Alltag fragt nicht, ob du als Schüler cool warst. Zum Glück sind wir aber auch noch nicht in einem Alter, in dem die Gespräche über unsere körperlichen Gebrechen Überhand nehmen. Immerhin sind die Pickel weg.
Am Ende ist es die Erinnerung an eine Zeit, als man selbst die wichtigste Person in seinem Leben war, sich um vergleichsweise nichts kümmern brauchte und das Leben mit seinen Möglichkeiten frisch vor einem lag, die uns irgendwie verbindet. Nicht nur die Freunde von damals, sondern auch die, mit denen man früher vielleicht kaum gesprochen hatte, weil sie viel cooler waren als man selbst oder viel reifer.
Gute Voraussetzungen für eine maximal gesellige Veranstaltung, auch in fünf Jahren zum Abitreffen wieder.
13/09/2022 um 00:05
Danke, Davina! Genau so war’s …
Hast mal elegant unterschlagen, dass du das super organisiert hast … 🙂
13/09/2022 um 08:40
🙏☺️ Ich würds glatt wieder tun 😉