Zack bumm… die Marketingstrategen haben mich mal wieder voll erwischt.

Es gibt eben doch so Sachen, für die ich empfänglich bin, auch wenn ich die plumpe Strategie längst durchschaut habe und “Die wollen doch nur verkaufen!” bei jeder einzelnen Werbeanzeige quer und in Großbuchstaben vor meinem inneren Auge aufblinkt. Ok, das ist natürlich nichts verwerfliches, sondern Part ihres Jobs. Es wäre ja auch traurig, wenn Verkäufer ihre Produkte nicht an den Kunden bringen wollen.

Eine super Strategie scheint auf jeden Fall zu sein: Sei IMMER präsent!!!

Egal, ob ich ein Foto auf Leinwand bestelle und mir beim auspacken die beigelegten “Partnerangebote” aus der Verpackung purzeln oder einfach nur durch Facebook, Instagram oder Google schaue, es erscheint IMMER irgendwann Werbung von Hello Fresh.
Jetzt haben es die Mädels und Jungs aus dem Lebensmittelzusammenpackuniversum ja relativ leicht, denn essen muss jeder irgendwann mal, egal ob ich gerne koche oder nicht.

Das ist etwas schwieriger, wenn ich Tanzkurse anbiete. Denn auch wenn ich selber glaube, dass tanzen ein gewisses Grundbedürfnis ist, habe ich noch nie von einem Fall gehört, wo jemand tragisch zu Tode gekommen ist, weil er oder sie zwei Wochen nicht tanzen konnte.

Lustig eigentlich, dass professionelle Werbeleute trotzdem ernsthaft probiert haben, mir einen Zweijahresvertrag für Werbung in Supermärkten zu verbimmeln. Das mit IMMER präsent hätte ich dann erfüllt. Dann hätte meine Werbung sowohl im Einkaufswagen als auch auf den Warentrennern an der Kasse rumgenervt.

Vielleicht hätte sich sogar auch irgendwann jemand erbarmt und sich bei mir angemeldet.

In der Hoffnung, dass ich endlich aus dem Wocheneinkauf verschwinden würde möglicherweise. Denn…. hey.. haben wir nicht alle schonmal von den tausenden Menschen gehört,  die plötzlich das Bedürfnis hatten, sich in einem kleinen Tanzstudio für Bühnentanz anzumelden, weil sie ständig Werbung für Ballett, Jazztanz und Co gesehen haben, als sie drei Tiefkühlpizzen und ein Sixpack Salitos im Einkaufswagen zur Kasse schoben?

Diese Chance habe ich an mir vorbeiziehen lassen.

Die Beherrschung einfacher Grundrechenarten genügte, um dahinter zu kommen, wieviele neue Tanzstunden mit extrem gut gefüllten Kursen ich unterrichten müsste, um annähenrd das Warentrennerwerbung Werbebudget wieder einzutanzen. Es scheiterte an der Anzahl Stunden, die eine Woche zur Verfügung hat und an der Personenkapazität des Studios. Dummerweise hatte ich nicht mit einer Gruppengröße von bis zu 70 Personen gerechnet, als ich die Räumlichkeiten plante.
Sonst…. gäbe es die Tanzwerkstatt jetzt bestimmt in jedem Supermarkt. Schade.

Hello Fresh hat es da vergleichsweise leicht.

Die Werbung muss nur häufig genug in den Momenten erscheinen, wenn ich gerade hungrig bin, der Rest der Familie auch und die Frage “Was essen wir denn heute???” im Raum hängt, also egal zu welcher Tageszeit. Dann noch “Wir haben da ein super Kennenlernangebot!” drauf, und schon war es soweit, dass ich zum ersten Mal auf diese Anzeige geklickt hatte…. Nee zu kompliziert mit der Bestellerei, außerdem und vorallem auch viel zu teuer für eine “normal” verdienende vierköpfige Familie. Sobald ich meine E-Mail-Adresse eingetippt habe, werde ich meine Seele für immer verkauft haben. Nichts wie weg hier!
Dass ich ihre Seite komplett unverrichteter Dinge geschlossen hatte, konnten die Jungs und Mädels von Hello Fresh offensichtlich so gar nicht leiden. Vielleicht dachten sie auch “Oh…. die hat sich jetzt bestimmt vertan oder ist mit ihrem Finger auf dem Mousepad ausgerutscht. Komm, wir geben ihr einfach immer wieder die Chance, sich nun endlich bei uns anzumelden, sonst wird sie am Ende noch ganz unglücklich.”
Ab sofort war die Hello Fresh Werbung so präsent wie vor ein paar Jahren nur Helene Fischer und bearbeitete mich konsequent mit unzähligen extrem appetitlich aussehenden Fotos ihrer Gerichte.

Ich kann wirklich nicht genau sagen, was kürzlich den Ausschlag gegeben hatte, dem Werbetreiben nachzugeben und eine dieser portionspassgenau abgepackten Kisten zu bestellen, aber….. ich fands super.

Wer findet es denn nicht toll, eine Kiste auszupacken, von der man nicht genau weiß, was drin ist, und alles ist so nett verpackt. Sogar so, dass man nicht das Gefühl hat, mehr Verpackung als Ware vor sich zu haben. Wobei…. wahrscheinlich leider doch… Mist.  Da habe ich mich bestimmt von der ökobraunen Papierverpackung täuschen lassen. Aber zumindest durfte fast alles in die Papiersammlung… Gut, die Coldpacks für die Kühlware hätten sie sich bei -3 Grad am Auslieferungstag sparen können, aber gaben sie mir wenigstens einen Eindruck davon, wie ausgetüfelt der Service ist.

Und dann bedienen sie gleich zwei Sachen auf einmal:
1. Komm, wir bestellen uns was leckeres zu essen
2. Komm, wir kochen selber was frisches

Wir gönnen uns was UND wir machen selber. Sämtliche Glücksareale in meinem Gehirn schwappen über vor Aktivität.

Alle drei Gerichte haben übrigens allen Beteiligten hier geschmeckt, und dank der lustigen Rezeptkarten mit Fotoanleitung werden sie auch sicherlich nochmal gekocht. Ok…. ehrlich gesagt wahrscheinlich auch ohne Rezeptkartenunterstützung. Nicht, weil ich so eine ausgebuffte Köchin bin, sondern weil “Jetzt die saure Sahne mit Limettensaft und Salz und Pfeffer würzen.” schon anhand der Zutatenliste selbsterklärend ist.

So zweidreimal im Jahr darf in Zukunft vielleicht mal so eine Kiste bei uns landen… Wenn wir es mal richtig krachen lassen wollen. Denn… es ist nichts dran auszusetzen, aber für “immer” passt dieses System definitiv nicht in unseren Haushalt.
Ich kaufe für den regulären Preis der Kiste auch gerne im Supermarkt für die Woche ein und aktiviere weitere Glücksareale ganz anders. Indem ich für den Betrag auch noch mindestens eine Flasche Wein,  Eis und Knabberzeug für den Sofakinoabend einkaufe… und eine Duftkerze aus der Aktionswarenabteilung, aber das ist nochmal ein komplett anderes Thema.
Auf jeden Fall sehe ich auf dem Weg zur Kasse, dass ich Werbung machen könnte…. im Einkaufswagen und auf Warentrennern. Die Werbefirma wirbt nämlich gerade für sich selbst…